Vertrauensvorschuss vor Torschuss

von Christof Richard und Michel Meliopoulos

Michel testet einen (Kinder-)Unihockey-Schläger mit einem spektakulären Trickshot

Ballgeschwindigkeiten von 170 km/h sind in den oberen Unihockey-Ligen ebenso wenig eine Seltenheit wie im oberen Stockwerk des Weinfeldener Sportartikel-Geschäfts, das sich schon seit vielen Jahren auf die relativ junge Sportart spezialisiert. Das Ladensortiment ist auf ambitionierte Breitensportler ausgerichtet, aber auch Spitzensportlerinnen kommen auf ihre Kosten. Stolz erzählt der Inhaber uns, wie sich jüngst das gesamte chinesische Nationalteam auf dem Turnhallen-Boden getummelt hat, den er mitsamt Unihockey-Toren zwischen den Produktregalen installiert hat. Dank dem ungewöhnlichen Laden-Konzept kann die Kundschaft eine umfangreiche Auswahl an Schlägern, Schuhen und Goalie-Ausrüstungen unter realitätsnahen Bedingungen testen – daher die 170-km/h-Bälle.

Wie auch viele andere Fachhändler hat sich der Inhaber intensiv Gedanken dazu gemacht, wie er mit einem stationären Modell gegen die gewaltige Konkurrenz aus dem Internet ankommen kann. In Punkto IT und Werbung sei es nicht möglich, mit grösseren Anbietern mitzuhalten. An seinem ehemaligen Geschäftsstandort habe er darum versucht, seine zentrale Lage in Nähe des Bahnhofs für ein «Begegnungskonzept» zu nutzen: Eine In-Store-Lounge sollte das Geschäft zu einem Hotspot der lokalen Unihockey-Community machen. Von diesem Ansatz sei er inzwischen abgekommen: Die Gewohnheiten der Kundschaft haben sich geändert. Ausserdem mögen ambitionierte Sportler in ihrer Freizeit nicht in einem Einkaufsladen rumhängen. Die «Testbahn» am neuen Standort stellt nun nicht mehr das soziale Drumherum ins Zentrum, sondern die Kernleistungen der verkauften Produkte. Die Kunden testen diese unter der Anleitung von kompetenten Verkäufern – mitunter dem Sohn des Inhabers, der beim A-Ligisten Rychenberg-Winterthur spielt.

Am Ende unseres Besuchs fragen wir den Inhaber, ob er bei so einem guten Service-Angebot keine Angst vom viel beklagten Beratungsklau habe («Ich kauf das dann online…»). Nein. Er mache sein Geschäft hauptsächlich mit wiederkehrenden Kunden und wisse daher, dass es sich für ihn ausbezahlt, Vertrauensvorschüsse zu gewähren.

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