Kundschaftsbildung – im zweifachen Sinn

von Michel Meliopoulos

Sticht Kennerinnen und Kennern sofort ins Auge.

Von wem kann man am besten lernen, ein bestimmtes Produkt wertzuschätzen? Häufig von dessen treuen Kunden. Ein Arbeitskollege schwört auf eine bestimmte Zellophanfolien-Marke. Hält man ihm vor: «Also bitte, Folie ist Folie!», kann der Zellophan-Connaisseur dazu nur müde lächeln: «Ihr zufriedenen Narren, wenn ihr bloss wüsstet, was euch entgeht…» Auch er war einmal Zellophan-Banause, aber nichts wird ihn je wieder in diesen kümmerlichen Daseinszustand zurückversetzen. Er hat sich durch lange Rollen minderwertiger Ware durchgelitten, bis er eines Tages auf die erlösende Folie gestossen ist. Sein Blick auf Zellophan ist seitdem nicht mehr derselbe. Jetzt, wo er weiss, worauf er achten muss, kann er gar nicht mehr anders.

Vor ein paar Tagen warf der Zellophan-Connaisseur einen Blick auf meinen Schreibtisch und bemerkte beiläufig, dass ich immer so «spezielle» Text-Marker verwende. Da dämmerte es mir: «Auch ich bin ein Connaisseur!» Seitdem ich die Pastell-Text-Marker eines bestimmten Herstellers verwende, kann ich nicht mehr dabei zusehen, wie meine Kollegen ihre Unterlagen mit neon-fluoreszenten Markern traktieren. Besonders schmerzhaft ist es, wenn den schreienden Signaltönen das wunderbar elfenbeinfarbene Papier eines Moleskine-Hefts zum Opfer fällt. Noch hege ich die Hoffnung, meinen Arbeitskollegen die Augen für den entscheidenden Unterschied öffnen zu können. Denn sie wären nicht die ersten, die ich ihres unschuldigen Verhältnisses zu Textmarkern beraubt hätte.

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